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Lucy's Mädchen

Cebu war eine Stadt von einer halben Million Einwohnern, und im Gegensatz zu Metro Manila kam es mit einem einzigen Stadtzentrum aus. Es war dies im wesentlichen die Colon Street, die gesäumt war von großen Kaufhäusern imd Kinos, und auch die meisten Banken, die Stadtverwaltung, die älteste Kirche und die meisten Hotels lagen, wenn nicht in der Colon Street selbst, so doch nur ein paar Seitenstraßen weg. Die Entfernungen waren alle leicht zu Fuß zurückzulegen, ja, es waren Fußgänger oft sogar schneller als Fahrzeuge, denn sie mußten sich nicht nach Ampeln und Einbahn-Regelungen richten.

Dewey mietete sich im Skyview Hotel ein. Es sollte sich dies als praktisch herausstellen, denn auf den unteren Stockwerken des Gebäudes waren Büros einquartiert, und ganz oben gab es ein Lokal mit regelmäßigen Tanzveranstaltungen für die bessere einheimische Jugend; so herrschte ein weitgehend unkontrolliertes Aus und Ein, und es brauchte sich niemand etwas Schlimmes dabei denken, wenn 14- oder 15jährige Mädchen durchs Foyer spazierten.

Cal Dewey hatte einigen Nachholbedarf zu decken, und so traf es sich gut, daß er schon am ersten Abend Lucy kennenlernte. Er begegnete ihr vor einer Bar, die Sahara hieß und wirklich ein wüster Laden war.

Lucy war Mitte Dreißig und von beachtlicher Körperfülle, und sie verdiente ihren Lebensunterhalt als Handelsvertreterin. Die Ware waren Mädchen. Es war unausbleiblich, daß sie Dewey zunächst zu ein paar Adressen mit alten Nutten führte. Wie jeder Geschäftsmann, so versuchte auch sie, als erstes ihren Kunden alte Bestände anzudrehen.

Sie kamen zu einem Schuppen, der eingezwängt war zwischen Behausungen armer Leute. Davor saßen, auf einer Sitzbank unter einer blendenden Glühbirne, zwei alte Mädchen, die längst reif dafür waren, ausrangiert zu werden. Lucy hatte ihm gerade ein Angebot gemacht, 100 Peso für die ganze Nacht, als ein Betrunkener aus dem Schuppen torkelte, der sich die Hose zuknüpfte.

"Hier kostet es nur 20 Peso," sagte er zu Dewey, und dann lehnte er sich gegen eine Wand, weil er freistehend mit seinem Hosenladen nicht zurecht kam. Das Weib kam heraus, das ihn nur 20 Peso gekostet hatte, eine fette Nudel. Sie verschwand um eine Ecke, und dann hörte man, wie sie aus einer Tonne Wasser schöpfte und ihr Arbeitsgerät säuberte. Lucy sah ein, daß sie nach dieser Szene hier nichts mehr verkaufen konnte.

Tatsächlich hatte sie auch viel bessere Ware. Sie brachte ihn also in Häuser, wo unter altgedienten Schinken auch das eine oder andere junge Mädchen gehalten wurde, das frisch aus der Provinz in die Stadt geschickt worden war. Das Alter derer, die Dewey sich aussuchte, pendelte sich zwischen 15 und 17 ein, und normalerweise mußte Lucy die jungen Dinger bei ihm im Hotelzimmer vorbeibringen; denn einerseits wollte Dewey nicht selbst mit ihnen die Rezeption passieren, und andererseits waren die Mädchen so ahnungslos, daß sie sich allein im Hotel auf keinen Fall zurecht gefunden hätten.

Lucy wurde für ihre Hilfsbereitschaft von Dewey nicht schlecht honoriert. Es ergab sich, daß er stets 150 Peso pro Stück bezahlte, und davon kassierte Lucy ein Drittel. Für das Mädchen, das die Hauptarbeit zu leisten hatte, blieben wohl nur 20 oder 30 Peso übrig, denn der jeweilige Verwalter dieser Personen wollte ja fairerweise auch etwas verdienen.

Dewey kümmerte sich um diesen Sachverhalt nicht. Er konnte weder Lucy als Vermittlerin, noch die Verwalter umgehen, und so gab es für ihn keine Möglichkeit, sein Vergnügen so billig einzukaufen, wie das junge Mädchen es hergab.

Dewey interessierte sich nicht sonderlich für die Lebensumstände dieser Mädchen. Es ging ihm nur um die Körper, auf die er sich für ein paar Stunden ein Anrecht verschaffte. Die Mädchen waren wohl strohdumm, Analphabeten sicherlich, und manche vielleicht auch im klinischen Sinn etwas schwachsinnig, aber sie hatten Brüste, die noch nicht abgegriffen, und Schlitze im Unterleib, die noch nicht ausgeleiert waren, und bei der einen oder anderen bewunderte er auch einmal einen netten Schamhöcker oder einen gut geformten Kitzler.

Das alles wuchs ja von ganz allein, und das brauchte keine Bildung wie der Verstand - so großzügig hat Mutter Natur die Menschheit bedacht.

Dewey sah diese kleinen Wesen als die Vorboten eines neuen Zeitalters. Denn in einer Welt, die munter auf eine Bevölkerungszahl von 15, 20, 30 Milliarden zumarschiert, würden bald in etlichen Ländern die sozialen Systeme zusammenbrechen. Dann ist es vorbei mit allgemeiner Schulpflicht und staatlicher Gesundheitsfürsorge, dann wird in vielen Ländern Hunger und Armut wieder die Regel sein, und wen wird es da schon kümmern, ob ein paar junge Mädchen mehr oder weniger in die Prostitution getrieben werden.

Man wird es mit ganz anderen Problemen zu tun haben, und in der Vorstellung der Leute wird Kriminalität erst bei bewaffnetem Überfall und Mord beginnen.

Was er mit seinen kleinen Mädchen trieb, hatte mit Liebe nichts gemein. Es war eine Aneignung von Körpern. Es betraf nur ihn, und was die Mädchen empfanden, war ihm gleichgültig. Der body count wurde ihm zur Meßlatte des Lebens, und es war ein herrlich einfacher Lebenssinn. Wieviele Körper er sich im Leben sexuell aneignen würde, schien ihm das einzige, was zählte.

Dabei wog die Aneignung eines neuen Körpers schwerer als die Wiederholung einer Aneignung eines Körpers, den er schon besessen hatte. Ein bekannter Körper ließ sich nicht beständig neu aneignen. Irgendwann, nach drei oder nach sieben oder nach zwanzig Aggressionen, war er ein ganz erobertes Territorium.

Diese Körper, die er gewonnen hatte, schienen ihm das einzige, was er nie verlieren konnte. Selbst wenn er eingekerkert werden würde, wenn ihm sein ganzer Besitz gestohlen werden würde, auch wenn er sterben würde - die Körper, die er sich einverleibt hatte, konnten ihm nicht mehr genommen werden. Es war eine so herrlich praktische Weltanschauung, und sie erleichterte ihm das Geschäft.

Er rechnete nach, und er kam darauf, daß er es schon auf weit über tausend Aneignungen gebracht hatte. Dieser Gedanke gab ihm ein gewisses Gefühl von Größe.

Wie arm waren doch die Kreaturen, die es im Leben auf keine hundert Einverleibungen brachten. Die sich mit weniger als zehn begnügen mußten. Was hatten die im Leben erreicht? Nichts, nichts. Er selbst würde auf über zehntausend kommen, wenn kein unvorhergesehenes Ereignis ihn unterbricht. Bei einer angenommenen Lebensdauer von 65 und einer angenommenen aktiven Phase von 50 Jahren würde das über 200 Körper pro Jahr, oder mindestens 4 pro Woche bedeuten.

Wer auf über zehntausend kam, durfte sich als Mitglied einer Elite des Lebens fühlen. Soweit war Dewey noch nicht. Aber zu den besseren Kreisen, zu denen, die deutlich aus dem Durchschnitt hervorragten, zu diesen durfte er sich schon zählen.

Die Frage nach dem richtigen Leben war damit also endlich beantwortet: richtiges Leben war das, was diese Liste bereicherte. Es war eine praktische Weltsicht, genau das richtige Instrument für seine Lebensführung. Sie verband so schön das, was als das richtige Leben erkannt worden war, mit dem, wonach ihm die Laune stand. So herrschte denn nun Übereinstimmung zwischen dem, was man soll, und dem, was man tut (und was man auch täte, wenn man es nicht sollte).

Dewey bereicherte seine Liste mit Neuerwerbungen. Nur eines der Mädchen war es wert, mehrmals angeeignet zu werden. Sie hieß Daisy und war von zwerghaftem Wuchs. Sie war klein wie ein Kind, aber ihre Beine waren Stampferchen, und sie hatte einen kurzen Hals.

Was Dewey mit ihr tat, war ihr neu, denn sie war erst vor kurzem vom Land in die Stadt gekommen. Zwar war sie keine Jungfrau mehr, aber der sexuelle Verkehr war ihr noch längst nicht Gewohnheit. Dewey war jedenfalls ihr erster Ausländer.

Von geschlechtlichem Verlangen hatte sie so gut wie keine Kenntnis. Sie wußte nur wage, wozu die einzelnen Organe dienten, und hatte deshalb nicht die Voraussetzung, um der einen oder anderen Praktik zu widersprechen. Ihr Lustempfinden konnte nicht die Aufgabe eines Maßstabes für die einzelnen Praktiken erfüllen, denn sie empfand bei keiner Praktik Lust.

Dewey fand es anregend, daß sie während des Verkehrs leise und ehrlich schluchzte, dabei aber nicht die geringsten Anstalten machte, sich gegen das Geschehende zu wehren. Sie ertrug es als ein selbstverständliches Leid.

Dann, wenn Dewey seinen Akt beendet hatte und sie nebeneinander auf dem Bett lagen, schmiegte sie sich an ihn und war dankbar, daß es vorüber war. Dies dauerte, bis Dewey neuen Willen spürte, ihr bißchen Glück zu unterbrechen. Mit ernster Miene legte er sie sich zurecht, und sie verharrte in ihrer Lage, wenn sich sein Glied in ihren Darm bohrte. Ihr Körper verkrampfte sich nicht, aber sie weinte leise und ehrlich vor sich hin.